Abflug
Es ist ein wunderschöner Sommertag. Die Sonne scheint und es weht nur ein leichtes Lüftchen. Ich bin schon etwas aufgeregt, als ich mir Overall und Helm fürs Paragliding auf der Seiser Alm anziehe. Ich nehme Anlauf und spüre schon, wie sich der Gleitschirm hinter mir aufrichtet. Schließlich verliere ich den Boden unter den Füßen und die Seile straffen sich.
Die Sommersonne wärmt mein Gefieder. Die Windverhältnisse sind ideal für einen kleinen Ausflug. Ich kann es kaum erwarten, wieder in die Höhe zu steigen. Ich nehme Anlauf und breite meine Flügel aus. Ich spüre, wie der Wind jede einzelne Feder erfasst und mir sogar in den Lüften Halt gibt.
Aufwind
Die Luft scheint jetzt plötzlich von unten zu kommen. Mein Begleiter versteht es meisterhaft, die Winde zu nutzen, um uns in die richtige Richtung zu manövrieren. Sanft steigen wir immer höher – und trotzdem fühle ich mich beim Gleitschirmfliegen in Südtirol immer sicher. Den Boden lassen wir immer tiefer unter uns und der Horizont entfernt sich immer weiter von uns.
Die Bewegungen der Luft, ihre variierende Geschwindigkeit und Temperatur, nutze ich geschickt, um spielerisch in große Höhen aufzusteigen. Ich lasse mich tragen und steuere meinen Flug durch minimale Bewegungen meiner Flügel und Schwanzfedern. Was da unten vor sich geht, ist jetzt schon ziemlich weit entfernt, doch meinen Augen entgeht selbst von hier nichts.
Höhenrausch
Jetzt, wo wir ganz oben sind, löst mein Begleiter sein Versprechen ein und wir absolvieren mit unserem Gleitschirm eine kurze Akrobatikeinlage. Als wir uns herumdrehen, kribbelt es in meinem Bauch und ich fühle mich frei und stark wie schon lange nicht mehr. Über den Dingen zu stehen, das ist beim Paragliding in den Dolomiten tatsächlich möglich!
In dieser Höhe überkommt mich immer eine unglaubliche Lebensfreude. Übermütig drehe ich ein paar Runden im Kreis, steige steil nach oben auf und lasse mich dann wieder einige Meter im Sturzflug nach unten fallen. Mein schriller Ruf tönt von einer Seite der Alm bis zur anderen, hin- und hergeworfen zwischen den steilen Felswänden, an denen ich entlangfliege.
Gleitflug
Danach geht es gemütlicher weiter. Sanft trägt uns der Wind über saftig grüne Wiesen. Die bleichen und gezackten Spitzen der Dolomiten rahmen den wunderschönen Ausblick beim Paragliding auf der Seiser Alm ein. Und dahinter, ganz weit weg, verschwimmt der Horizont mit dem tiefen Blau des Himmels. Jetzt ist der perfekte Moment, um ein Erinnerungsfoto zu schießen.
Danach lasse ich mich wieder tragen. Unter mir betrachte ich mein Revier, das zwar noch weit über die Seiser Alm hinausragt, und doch halte ich mich hier am liebsten auf. Die hohen Bergspitzen und sanft abfallenden Wiesen stellen ein abwechslungsreiches Jagdrevier dar und bieten mir ausgezeichnete Orte für den Nestbau und um ungestört zu sein.
Sinkflug
Weil wir hier ohne Motor unterwegs sind, geht es unweigerlich irgendwann auch wieder abwärts. Unser Sinkflug verläuft genauso sanft wie das Aufsteigen. Ein Highlight war definitiv, dass ein Adler ganz nahe an uns vorbeigeflogen ist. Auch mein Hotel konnte ich von oben erspähen. Kurz bevor wir wieder am Boden sind, strecke ich meine Beine aus. Nach der Landung laufe ich noch ein paar Schritte und komme dann schnaufend zum Stehen. Was für ein Erlebnis! Die Erinnerung ans Paragliding in den Dolomiten wird mich noch lange begleiten.
Nach einer Weile zieht es mich dann aber doch wieder zurück Richtung Nest. Auf meinem Weg dorthin zieht ein Gleitschirm meine Aufmerksamkeit auf sich. Während ich an ihm vorbeifliege, bin ich dankbar dafür, dass ich keine Hilfsmittel brauche, um mich in den Lüften zu halten. Und spätestens nach Sonnenuntergang bin ich dann wieder der unumstrittene König auf der Seiser Alm. Ich lasse mich in meinem Nest nieder und lege mich zur Ruhe.